Abstracts / Abstracts
Belobrovaja, Marina
Das ungute Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen.
Engagierte Kunst aus der Schweiz
Die Frage, welche Inhalte und Strategien künstlerischer Produktion der Begriff der politischen Kunst umfasst, kann aufgrund der vielen unterschiedlichen Interpretationsweisen nicht eindeutig bzw. unterschiedlich beantwortet werden.
Mein PhD-Projekt befasst sich mit einer Reihe unterschiedlicher performativ-aktionistisch angelegten KünstlerInnenpraxen aus der Schweiz, die von der breiten Öffentlichkeit als politische Kunst rezipierten werden und reflektiert sie in Hinblick auf den Begriff des Politischen als einer sich diskursiv konstituierenden Kategorie. Das Arbeitsmaterial wird zum wesentlichen Teil anhand von von mir geführten Gesprächen mit KünstlerInnen und ihrem Umfeld generiert (Interviews, Presseartikel).
Für die Umsetzung des Projektes sind für mich zum einen Referenzen aus der Politik-, Kulturwissenschaft und der Philosophie, zum anderen der Einbezug künstlerischer Verfahren wie etwa das narrative Interview, oral history, literarische Montage oder surrogate objects relevant.
Von der Verbindung dieser zwei unterschiedlichen Ebenen der Auseinandersetzung verspreche ich mir, neue Formen und methodologische Ansätze für die Realisierung kunstpraxisbasierter (art practice based) Forschungsvorhaben zu erarbeiten. Dabei nehme ich Bezug auf den im Bereich der künstlerischen Forschung (artistic reseach) vielfach formulierten Vorschlag, künstlerische Verfahren nicht nur als Gegenstand der Analyse, sondern gleichzeitig auch als Arbeitsmedium zu begreifen.
Die von mir angestrebte Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich eine derartige Verflechtung in einem zwischen der theoretischen und der künstlerischen Praxis oszillierenden Artefakt konkret realisieren lässt und welche Form der Wissensgenerierung aus diesem resultiert, gehört zu den zentralen Anliegen meines Projektes.
(English)
The Uncomfortable Feeling of Being on the Right Side.
Politically Committed Art from Switzerland
There is no conclusive answer to the question of what kind of content or strategies in artistic production are covered by the term “political art” – or rather, it can be answered in different ways, because of the many different interpretations of the term.
In my PhD project, I look at a number of different Swiss artists producing performance/Actionist art which is perceived as political art by the general public, and I study them in relation to the concept of the political as a discursive category. The material for my thesis is largely derived from conversations I conducted with artists, and from the environment in which they work (interviews, press articles).
To me, references from politics, cultural studies and philosophy as well as incorporation of artistic processes such as the narrative interview, oral history, literary montage or surrogate objects are relevant factors in carrying out the project.
By combining these two different levels of analysis, I hope to devise new forms and methodologies for conducting art practice-based research. I refer here to the suggestion often expressed in relation to artistic research, namely that artistic processes should be understood not only as the subject of the analysis, but also as the working medium.
My attempt to address the question of how such intertwining can actually be accomplished in an artefact that oscillates between theoretical and artistic practice, and what kind of knowledge is generated as a result, is one of the central concerns of my project.
Contact: marina.belobrovaja@hslu.ch
Nicole de Brabandere
The Matter of Habit.
Experimenting with the Affects of Emergent Media, Material and Movement Practices
(English)
The subjects of my PhD are habit, emergent corporeality, affect and media and material experimentation. Since the way we recognize and perceive form is inhabited as much as it is material and mediated this research considers the dynamic ways that emergent thought and feeling informs process and recognition. Central to this are the virtual affects associated with emergent abstraction, affects that modulate the material qualities, durations, dimensions and tensions of inhabited experience. In turn, this research develops with the pragmatic and conceptual themes of line, surface and tone.
This research has the aim of generating new modes of practice to help identify and articulate how inhabited tendencies that often remain below the register of conscious attention are modulated in experimental media and material practice. What terms of practice and perceptibility emerge in an experimental media process where empirical modes become insufficient to account for the dynamics of felt thought? What kinds of transversal resonances can emerge between and across different media such that acoustic and durational qualities amplify the affects of material form, and vice–versa?
The results of the research process are series of diverse media inscriptions that constitute a consistency where one can analyze how emergent form informs tendencies of thought, feeling and perception. The analysis becomes increasingly differentiated and articulable as formal and affective continuities emerge across the series. Since this research process evolves as it co-composes with an emergent corporeal, it is not fixed to pre–designated subjects and objects or modes of objective recognition but evolves as a transversal and non-linear critical practice.
The artefacts of the research results are: a PhD thesis that elaborates concepts associated with affect and habit and modes of writing that demonstrate the generative quality of writing with media and material experimentation and a proposition. The proposition consists of video, audio and photographic renderings of diverse movement and material inscriptions and invites readers of the PhD thesis to activate them with their own inhabited tendencies of movement and recognition. These propositions were developed based on my experience hosting workshops that activate these media inscriptions as openings for co-composition in diverse group settings.
Contact: nicole.debrabandere@gmail.com
Sarah Burger
Zeiten – Orte – Sichtbarkeiten.
Materialeigenschaften und Wertverschiebungen
Der vorliegende PhD “Zeiten – Orte – Sichtbarkeiten. Materialeigenschaften und Wertverschiebungen” setzt sich mit der Veränderung unterschiedlicher Materialien auseinander, im Hinblick auf ihre Anwesenheit/Abwesenheit, ihre geschichtliche Dimension und die Veränderung ihres Wertes aufgrund zeitlich und örtlich unterschiedlicher Kontexte. Was geschieht mit einer künstlerischen Arbeit, wenn sie verschwindet? Wie verändert sie sich, wie fügt sie sich ein in die Geschichte ihrer Materialien und die Orte ihres Verschwindens? Wie verändert sich ihre Gestalt, wenn die anfängliche Materialität des Kunstwerks sich aufgelöst hat oder, in einer Stadt ausgesetzt, den Kräften dieser Stadt überlassen wurde? Was entsteht, wenn etwas vergeht?
Diese Fragestellungen wurden in den zwei künstlerischen Arbeiten/künstlerischen Experimenten “(un)earthed” und “MODERN LEAVES”, sowie der dreiteiligen reflexiven Erzählung ” Zeiten – Orte – Sichtbarkeiten. Materialeigenschaften und Wertverschiebungen” verhandelt, konkretisiert und materialisiert.
Die reflexive Erzählung besteht aus drei Teilen: “Gedankenlandschaft”, “(un)earthed” und “MODERN LEAVES”. Die beiden letztgenannten Texte, reflexive Erzählungen, sind zugleich auch Teil der beiden gleichnamigen künstlerischen Arbeiten.
Die erzählerische Reflexion “Gedankenlandschaft” verbindet Überlegungen zur Bewegung des Übergangs der Epoche der Renaissance zu der Epoche der Romantik, den Begriffen des Umschlagens, der Sehnsucht und des Fragments, mit Beobachtungen zu steinernen Monumenten vergangener Kulturen, mit dem Begriff des sprachlichen Zeichens und des Wertes nach Ferdinand de Saussure und mit dem Begriff des Risses im Zeichenverständnis von Graffiti nach Jean Baudrillard. Weiter werden diese Reflexionen in Verbindung gebracht mit Gedanken zu Kontext und zur Ortsloslösung von Kunstwerken in Form von fotografischen Abbildungen, wie sie in Walter Benjamins Text “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit” und in André Malrauxs “Le musée imaginaire” dargelegt werden. Die Reflexionen zu diesen Begriffen und Konzepten wurden genährt durch die Erfahrungen und Einsichten, die während, mit und durch die Arbeit an “(un)earthed” und “MODERN LEAVES” entstanden sind.
Umgekehrt haben die genannten Begriffe und Konzepte die beiden künstlerischen Arbeiten begleitet, differenziert und erweitert.
„(un)earthed“ ist eine Arbeit bestehend aus neun genähten Objekten hergestellt aus kompostierbarem Stoff, die ich an neun unterschiedlichen Orten in der Schweiz und an einem Ort in Deutschland vergraben und im Abstand von etwa drei Wochen wieder aufgesucht, ausgegraben, beobachtet und wieder eingegraben habe.
„MODERN LEAVES“ habe ich in Brasília, der Ende der 1950er Jahre erbauten modernen Hauptstadt Brasiliens, erarbeitet. Die Arbeit besteht aus einer Gruppe von neun Betonskulpturen, für die mir in den Strassen Brasílias gesammelte Palmblätter als Gussformen dienten. Die entstandenen Skulpturen habe ich zunächst in einem Ausstellungsraum in Brasília gezeigt und sie dann an neun unterschiedlichen Orten dieser Stadt ausgesetzt und dort zurückgelassen.
Dem PhD sind zudem zwei Materialproben der beiden Arbeiten beigefügt. Die eine Materialprobe ist ein vernähtes Stück Stoff, welches die Materialien und die Verarbeitungsweise der Objekte der Arbeit „(un)earthed“ veranschaulicht. Die andere Materialprobe ist ein Zementabguss eines Palmblattes, hergestellt in derselben Weise wie die neun Skulpturen der Arbeit „MODERN LEAVES“. Beide Materialproben vermitteln eine Vorstellung und einen haptischen Eindruck der Objekte und Skulpturen.
Auf einem Datenträger (USB-Stick) befindet sich Bildmaterial (Fotografien, Video) der beiden Arbeiten “(un)earthed” und “MODERN LEAVES”, welche ebenfalls Teil der Arbeiten sind, und die für Ausstellungskontexte in unterschiedlicher Weise materialisiert wurden.
Contact: mail@sarahburger.ch
Petra Köhle / Nicolas Vermot-Petit-Outhenin
(kollaborativer PhD)
Transkribieren, sprechen, wiederholen.
Transformation als künstlerische Praxis
Der kollaborative PhD transkribieren, sprechen, wiederholen – Transformation als künstlerische Praxis besteht aus den Ergebnissen, die aus der Praxis in und mit den drei künstlerischen Arbeits-komplexen Es hängt vollkommen ab von der Farbe der Beleuchtung, Blue skies becoming almost black und [f: la répète] entstanden sind.
Jeweils von einem spezifischen Objekt ausgehend – einer im Zusammenhang mit Kunst- Luftschutz-Massnahmen in Deutschland entstandenen Fotografie von 1944, einem Ins- trument aus dem 18. Jahrhundert zur Messung des Blaus des Himmels und einem im Völkerbundarchiv in Genf gefundenen Korrespondenzdossier aus den 1930er-Jahren zur Entstehung des Palais des Nations – untersuchen die drei Arbeitskomplexe, wie durch die Objekte und ihren Kontext ‚etwas’, ‚anderes’ in Erfahrung gebracht werden kann. Wie konnten die Materialitäten und Medialitäten der Objekte und die singulären Geschich- ten, welche sie beinhalten, Ausgangspunkte für spekulative Verfahrensweisen werden? Verfahrensweisen, die versuchen, einen Widerhall für die Fragilitäten und Ambiguitäten von Unsichtbarem und Unsagbarem, welches in den Objekten liegt, zu schaffen – einen Widerhall, in dem ‚etwas Anderes’ und ‚etwas anders’ erfahrbar wird?
Vermutend, dass in einem Zu- und Ineinanderstellen der Arbeitskomplexe tatsächlich‚etwas Anderes’ und/oder ‚etwas anders’ erfahrbar werden könnte, wurden die Arbeits- komplexe in einer ergebnisoffenen Anlage erprobt und dabei methodische, materielle und inhaltliche Wiederholungen, Transformationen und Übergänge vorgenommen und befragt. Dieses Vorgehen resultierte im Artefakt Skript/Transkript.
Die in diesem PhD vorgelegten sechs Artefakte sind: eine Einleitung, die DVD-Box Es hängt vollkommen ab von der Farbe der Beleuchtung, die Schallplatte Blue skies becoming almost black, die Broschüre [f: la répète], die dreiteilige Reflexion Skript/Transkript und eine Stofftasche, welche die zuvor genannten Artefakte versammelt. Die Artefakte sind Zeug*innen, Spu- ren und Ergebnisse einer künstlerisch-reflexiven Forschung, in der sich im Laufe des Prozesses ‚Wiederholen‘ als tragende Verfahrensweise herausschälte, eine Verfahren- sweise, die es erlaubte, bei einer Sache zu bleiben, in dem man sich ihr wiederholt noch- mals zuwendete.
Wir begannen, in und durch den Prozess dieses PhDs ‚Forschung‘ in der wörtlichen Bedeutung des Französischen recherche und des Englischen research zu verstehen: als eine sich wiederholt wiederholende Suche – eine suchende Bewegung, welche die Dinge zu- und ineinander stellt und dadurch Räume für Unsichtbares und Unsagbares in und quer zu den Arbeitskomplexen, zu ihren Inhalten und Themen eröffnet, um ‚etwas Anderes’ und ‚etwas anders’ erleb- und erfahrbar zu machen.
Contact: petra@koehlevermot.ch / nicolas@koehlevermot.ch
Laura von Niederhäusern
Face No Dial of a Clock.
Investigating asynchronic experiences of present times by means of art
Die subjektive Erfahrung von Zeitdruck ist in der heutigen effizienz- und leistungsorientierten Gesellschaft getrieben von einem Paradox: Beschleunigung ist durch ökonomische und technologische Ansprüche allgegenwärtig, zugleich fordern Komplexität und Selbstverantwortung mehr Zeit für Entscheidungen.
Der vorliegende PhD untersucht individuelle und institutionelle Formen des Umgangs mit diskrepanten Zeitanforderungen. Wo und wie werden gleichzeitig stattfindende, unterschiedliche Zeitregime in der Alltagserfahrung unterschiedlicher Altersgruppen subjektiv erlebt? Welche Techniken der Synchronisierung von unterschiedlichen Zeitwahrnehmungen, Rhythmen und Aktivitäten werden von den Betroffenen und Institutionen eingesetzt bzw. erfunden? Wie kann künstlerisch-forschendes Experimentieren mit filmischen Mitteln Asynchronizität herstellen und erfahrbar machen? Inwiefern kann filmisches Denken Erkenntnismöglichkeiten hervorbringen, die (noch) nicht-versprachlichte Zeitwahrnehmungen vermitteln?
Methodologisch entfaltete sich das Vorgehen in einer Forschungspraxis, die analytische und künstlerische Ansätze in einem essayistischen Verfahren von filmischer Praxis und Schreiben verbindet. Einerseits werden unter dem Leitmotiv ‚asynchroner Zeitbestimmung‘ unterschiedliche Aspekte divergierender Zeitwahrnehmungen in einer Reihe von Fallstudien erforscht. Angesiedelt in Bereichen von immaterieller und Care-Arbeit, in welchen körperliche und affektive Zeitlichkeiten von grosser Bedeutung sind, operieren diese empirischen Untersuchungen mit der Rolle von Lebenszeit (Alter, Biographie, Erinnerung) und mit Formen von Zeitmodi (Tempi; Imperative, Indikative, Konjunktive). Andererseits entwickelt die vorliegende Untersuchung mittels Narration, Fragmentierung, Montage, visuellen und sprachlichen Interventionen, Extraktionen und Verflechtungen spezifische künstlerische Verfahrensweisen der Wahrnehmungs-Fokussierung. Angesichts der subjektiv erlebten Überforderungen gleichzeitiger Ungleichzeitigkeiten tragen sie zu neuen Formen filmischen Denkens und von Denkbildern bei. Sie sind als Anreiz zu begreifen, die eigene Sensibilität für unterschiedliche Zeitverständnisse mittels Empathie zu fördern.
Als Ergebnisse des PhD entstanden drei Artefakte:
– Erstens, ein Film-Essay Face No Dial of a Clock. A cross-temporal fugue, der die inhaltliche Auseinandersetzung der Forschung selbstreflexiv mit methodologischen Interessen für filmische Wahrnehmungsmodalitäten der Asynchronizität verbindet. In das Material aus den Fallstudien der Gegenwart mischen sich zwei spekulative Figuren: eine imaginäre Freundin, Chiara, und deren Spurensuche zu Maya Derens unabgeschlossenem Filmprojekt einer cross-cultural fugue aus den 1940er Jahren.
– Zweitens, eine Textsammlung Denkmotive asynchroner Erfahrungen. Ein Abécédaire zu Material und Prozess filmischen Denkens und
– drittens, ein Bilderbogen, A–Z, eine grossformatige Zusammenstellung von Bildmaterial zum Abécédaire und zum Film-Essay.
In dem Zusammenspiel der drei Artefakte zeigen sich variierende Sichtweisen auf das Material, die sich wechselseitig erhellen. Die Relationen, Motive und Variationen zwischen den unterschiedlichen medialen Zugängen bilden eine Textur, die zum Ziel hat, verdichtete Erfahrungen von Asynchronizität kenntlich zu machen, zu vermitteln und zu ermöglichen.
(English)
The subjective experience of time pressure in today’s efficiency- and performance-oriented society is fuelled by a paradox: acceleration is ominpresent due to economic and technological demands, while at the same time complexity and self-responsibility demand more time for decisions. This PhD thesis examines individual and institutional forms of dealing with discrepant time demands. Where and how do different age groups experience simultaneously occurring, yet different time regimes? Which techniques do individuals and institutions use or invent to synchronize different time perceptions, rhythms, and activities? How can artistic-research experimentation with filmic means create asynchronicity and make it experienceable? And, finally, to what extent can filmic thinking produce ways of knowing that convey (as yet) unverbalized perceptions of time?
Methodologically, this research combines analytical and artistic approaches in an essayistic procedure comprising cinematic practice and writing. On the one hand, it explores different aspects of divergent perceptions of time in a series of case studies under the leitmotif of “asynchronous determinations of time.” Situated in both immaterial and care work, in which bodily and affective temporalities are highly important, these empirical investigations consider the role of lifetime (age, biography, memory) and temporal modes (tempos; imperatives, indicatives, subjunctives). On the other hand, this study develops specific artistic procedures for focusing perception by means of narration, fragmentation, montage, visual and linguistic interventions, extractions and interweavings. Since simultaneous non-simultaneities (tend to) overwhelm subjective experience, the procedures adopted in this research contribute to new forms of filmic thinking and images of thought. They should be understood as an incentive to empathize with different understandings of time.
Three artifacts emerged as results of the PhD research:
– First, Face No Dial of a Clock: A cross-temporal fugue. This film essay self-reflectively connects the main thrust of the research with a methodological interest in cinematic modes of perceiving asynchronicity. Two speculative figures mingle with the case material: an imaginary friend, Chiara, and her tracing of Maya Deren’s unfinished film project to create a cross-cultural fugue in the 1940s.
– Second, a collection of texts titled Denkmotive asynchroner Erfahrungen. Ein Abécédaire zu Material und Prozess filmischen Denkens (Thinking Asynchronic Experiences: An Abecedary of the Material and Process of Filmic Thinking).
– Third, an Bilderbogen, A-Z (Boardsheets of images, A-Z), a compilation of visual material on a newspaper-format related to the abecedary and the film essay.
The interplay of these three artifacts reveals varying and mutually illumining perspectives on the material. The relations, motifs, and variations between the different media approaches form a texture that seeks to make condensed experiences of asynchronicity recognizable, communicable, and possible.
Contact: laura.vonniederhaeusern@zhdk.ch
Kai Ziegner
Eine Geschichte der Gewalt.
Photographieren und Schreiben als Erfahrung, Experiment und Erkenntnis
Mein PhD untersucht durch experimentelles Schreiben und konzeptuelle Photographie am Beispiel meiner eigenen Biographie die Folgen gesellschaftlicher Transformationsprozesse in der DDR. Im Fokus steht die sogenannte Wendezeit der späten 1980er bis frühen 1990er Jahre in Ostdeutschland. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist bisher vornehmlich von der Geschichts- und den Kulturwissenschaften geleistet worden, während künstlerisch- forschende Zugänge zu diesem Feld bislang noch selten sind.
Mit meiner Forschung möchte ich Ursachen für die mit diesem radikalen Wandel einhergehenden Gewaltausbrüche offenlegen. Ziel meines PhD ist daher der Versuch, das Schweigen über weniger besprochene Effekte der Transformation während und nach der sogenannten Wende mithilfe kritischer Zeugenschaft kenntlich zu machen. Am Beispiel (m)einer individuellen Geschichte wird gezeigt, auf welche Weise über drei Generationen hinweg autoritäre Regime und Strukturen auf ihre Staatsbürger eingewirkt und welche Effekte sie in den Subjekten erzeugt haben.
Ausbrüche (scheinbar) sinnloser Gewalt werden als Begleiterscheinung disruptiver Wandlungsprozesse ebenso behandelt, wie ambivalente Situationen, in denen sich die Akteure der Transformation wiederfinden, wenn sie als Beteiligte gewalttätiger Geschehnisse zugleich Opfer und Täter sind.
Da als Basis dieser Arbeit persönliche Erinnerungen und historische Dokumente dienten, bestand die zentrale Herausforderung der künstlerischen Forschung darin, das im Individuellen exemplarisch Verallgemeinerbare her- auszuarbeiten und eine adäquate Form für die Präsentation des Materials experimentell-erprobend zu finden. Wichtige Inspirationsquellen für diesen Prozeß waren Arbeiten wie Alexander Kluges »Lebensläufe«, Primo Levis »Ist das ein Mensch«, Walter Benjamins »Denkbilder«, Klaus Theweleits »Männerphantasien«, Georges Didi-Hubermans »Bilder trotz allem«, Claude Lanzmans Film »Shoah« und W.G. Sebalds Roman »Austerlitz«.
Das Ergebnis dieser Forschung (das Artefakt), ist ein experimentelles Buch, welches das Thema in seiner Vielschichtigkeit, Vielstimmigkeit und Komplexität darzustellen versucht und den Leser*innen die Chance bieten will, mit dem Stoff in jeweils selbst- gewählter Weise umzugehen und möglicherweise für ihre eigene Arbeit nutzbar zu machen.
Contact: kaiziegner@yahoo.de